
PAPIER IST GEDULDIG
HELGE THOMSEN UND CARLOS KELLA ZU GAST IN DER PAPIERFABRIK
Was haben T.C. Boyle, Heinz Strunk, Martin Suter, Sarah Wagenknecht und SWAY Books gemeinsam? Sie alle drucken ihre Publikationen auf Papier von Schleipen. Helge Thomsen und Carlos Kella wollten wissen, wie das geht, und haben die historische Fabrik inspiziert.
Wer denkt, dass heutzutage die Papierproduktion den skandinavischen Ländern vorbehalten ist, täuscht sich gewaltig. In deutschen Papierfabriken werden jährlich rund 22 Mio. Tonnen Papier, Karton und Pappe hergestellt. Mit 40.000 Beschäftigten erwirtschaftet die Papierindustrie an 161 Standorten einen Jahresumsatz von 14,2 Mrd. Euro. Einer dieser Standorte ist Bad Dürkheim.
Hier sitzt die Papierfabrik Schleipen (Cordier Spezialpapier GmbH) und produziert sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. Pro Tag werden ca. 100 Tonnen Papier für ca. 250.000 Bücher hergestellt, denn Schleipen ist spezialisiert auf Werkdruckpapiere. Die Länge der täglich fabrizierten Papierbahn beläuft sich auf ca. 600 km, was so ziemlich genau der Strecke von Bad Dürkheim nach Hamburg entspricht. Das alles begann im Jahre 1737 mit einem Handschöpfbetrieb an diesem Standort. Im Jahre 1880 wurde dann die erste Papiermaschine errichtet.
„PAPIER IST GEDULDIG.
MANCHER AUTOR NUTZT
DAS SCHAMLOS AUS.“
Wolfgang Mocker (Dt. Aphoristiker)
Ob Bestseller in Millionenauflage oder bibliophile Meisterwerke – viele Titel werden seit Jahrzehnten auf den hochwertigen Papieren von Schleipen gedruckt. Zu den Bestsellern gehören u. a. Publikationen von Heinz Strunk, T. C. Boyle oder Paul Auster. Für diese Druckerzeugnisse erhielt die
Papierfabrik viele Auszeichnungen der Stiftung Buchkunst, für die auf Schleipen-Werkdruck gedruckten Bücher bei der Wahl der „Schönsten deutschen Bücher“.
Auf dem INDIEMAGDAY, einer Magazinfachmesse für Independentmagazine in Hamburg, haben sich Vertriebsleiter Robert Lamberty und die Macher vom SWAY MAG dann bei einer Fachsimpelei am Nachbarstand kennengelernt. Beide Parteien verbindet logischerweise die berufliche Leidenschaft zu Druckerzeugnissen und zu haptisch qualitativ hochwertigen Papieren. So beschloss man eine Zusammenarbeit, da Schleipen gerade mit dem Göttinger Verleger und Drucker Gerhard Steidl ein hoch interessantes Papier für den Magazinbereich entwickelte. Eine Sonderanfertigung dieses Materials mit dem Namen „Kamiko“ führte die Fabrik dann auch eigens für die Ausgabe dieses Magazins durch. Ein Anlass für Helge Thomsen (als Motoraver-Magazin-Herausgeber kein Laie auf dem Gebiet) und Carlos Kella, der Papierfabrik einen Besuch abzustatten.
Wer noch nie in einer Papierfabrik war, dem sei gesagt, dass es sich nach wie vor um echte schwere Industrie handelt. Es ist laut, heiß, stickig, und es umgibt einen eine Wunderwelt sonderbarer Gerüche. Wer allerdings denkt, die Papierfabriken seien Umweltverpester erster Güte, der liegt falsch. Inzwischen werden 15,3 Mio. Tonnen Altpapier eingesetzt. Je mehr Papier wiederverwertet wird, desto weniger Holz muss also für die Papierproduktion aufgewendet werden. Zu einem hohen Anteil aus Altpapier hergestellt werden z. B. Verpackungspapiere und Karton (bis zu 100 %) und Zeitungen (die meisten Tageszeitungen werden auf Papier aus 100 % Altpapier gedruckt). Der Energie- und Wasseraufwand bei der Produktion von Recyclingpapier ist in der Regel geringer als bei der Herstellung von Papier aus Primärfasern wie Holz oder Zellstoff. Damit leistet das Papierrecycling einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz. Diesen erreicht Cordier Spezialpapier z. B. auch damit, dass textile Baumwollabfälle aus der Industrie recycelt werden und in Form von Spezialpapieren dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt werden. Ein bewusster Umgang mit natürlichen Ressourcen und technologischer Fortentwicklungen, die den Verbrauch reduzieren, versteht sich von selbst. Wasser ist ein wesentliches Gut bei der Papierproduktion. Die Frischwassernutzung erfolgt über eigene Brunnen, in der Produktion sind die Kreisläufe so geschlossen wie möglich, und Abwässer werden durch eine bio-mechanische Abwasserreinigungsanlage geklärt und unbelastet der Natur zurückgeführt. Hier investiert die Cordier Spezialpapier gerade mehrere Millionen Euro in die Modernisierung und Erweiterung der Anlage. Cordier betreibt einen hohen Aufwand, um seine Papiere mit Umweltzertifikaten, wie FSC®, Blauer Engel und weiteren, auszeichnen zu können.
Das SWAY MAG Ausgabe 02 wurde auf KAMIKO shira, 120g/m2 (Inhalt) und 240g/m2 (Umschlag) gedruckt.
Wortbedeutung KAMIKO
Das Wort ist hergeleitet von dem Begriff für aus Papier gefertigte Kleidung. Kamiko (kami = Papier, koromo = Mönchsgewand) ist die Bezeichnung für ein Gewand buddhistischer Mönche des alten Japan um 1.000 n. Chr.
Qualitätsmerkmale
feinporige, textile Struktur, ein haptisches Erlebnis mit 1,5-fachem Volumen.
Fotos: Carlos Kella
> Mehr infos gibt es hier: www.cordier-paper.de
> Die gesamte Strecke gibt es im SWAY MAG #02